Doppel-Premiere: Erste Durchquerung des Tibetischen Hochlandes mit dem Motorrad und erste Filmdokumentation über Westtibet – doch die Extremreise endet unter dramatischen Umständen. Es ist 2001 einer der letzten großen weißen Flecken dieser Erde – das Hochland von Tibet. Es zu erkunden, war das Ziel des Filmes Mit dem Motorrad im Reich der Götter von Filmemacher Thomas Junker und seinem Partner Steffen Müller.
Sieben Jahre lang haben wir mit den Behörden Chinas gekämpft, und nun endlich lässt man uns nach Tibet. Als erste Ausländer dürfen wir mit Motorrädern das durchgehend über 4.500 m hohe Plateau einmal komplett von West nach Ost überqueren. Unser Startpunkt ist Islamabad in Pakistan. Wir nehmen den Karakorum Highway mit seinem 4.830 m hohen Khunjerab Pass zur Einreise nach China und zum Einfahren. Gemütlich geht es über mehrere Tage hinauf, für uns die beste Möglichkeit, sich an die großen Höhen zu gewöhnen. In Taxkurgan erfolgt die offizielle Einreise in das große Reich der Mitte. Von nun an haben wir neben chinesischen Kennzeichen und Führerscheinen auch einen staatlich verordneten Aufpasser. In der Wüstenoase Kashgar sammeln wir auf dem weltberühmten Sonntagsmarkt nicht nur farbenfrohe Eindrücke von diesem größten Bazar in Zentralasien, sondern kaufen auch unserer Proviant und ein Fass Benzin für die nächsten 1.500 km.
Dann kommt der lange und mühsame Aufstieg hinauf nach Tibet. 300 km hinter Kashgar endet die Teerpiste, es folgt ein genialer Ritt über eine Militärpiste, die den Nordwesten Chinas mit Tibet verbindet. Wellblech, Schotter, Geröll, weite Sandpassagen mit Fesch-Fesch. Die Piste ist zum Teil unglaublich schlecht, rund 50 Bäche und Flüsse müssen durchquert werden, immer wieder heißt es auf Grund von weggespülten oder unpassierbaren Passagen neue Spuren in die Berghänge und durch die fantastischen Hochebenen zu ziehen.
Das wir das schaffen, ist unseren LC 4 Adventure zu verdanken. Die Bikes haben Gott sei dank die richtige Power und genügend Bodenfreiheit für solche Spiele. Uns wird schnell klar, mit einem anderen Serienmotorrad kann uns diese Tour nicht gelingen. Mehr noch, der Spaß ist auf unserer Seite. 15 Pässe jenseits der 5.000 m-Marke sind kein Problem. Offpiste erreichen wir so manchen Drehort, ohne dass es unser Aufpasser verbieten kann. Mit seinem Jeep ist er ständig weit hinter uns, was ihn nicht erfreut, uns aber viele Begegnungen mit Einheimischen und damit jede Menge schöner Bilder beschert.
Unser erklärtes Ziel, mit unserer Filmausrüstung und den beiden Motorrädern in die entlegenen Regionen Tibets vorzustoßen, dorthin, wo es keine normalen Straßen und Wege mehr gibt, gelingt uns. Und auch aus der Region Aksai Shin, die eigentlich zu Indien gehört, von China aber besetzt gehalten wird, um den Westen Tibets überhaupt durchgängig „befahrbar“ zu halten, können wir Bilder mit nach Hause bringen. Aber wir lernen auch, dass Tibet mehr ist als Gebetsfahnen, Klöster, Mönche und majestätische Berggipfel. In unserem Film wird auch die chinesische Umklammerung des Bergvolkes eine Rolle spielen.
Unter dramatischen Umständen müssen wir schließlich die Extremreise zwei Wochen früher als geplant beenden. Am Fuße des Mt. Everest erleidet Steffen einen Darmdurchbruch. Was folgt ist eine 14-stündige Rettungsaktion mit Motorrad und Jeep. Da zwei lokale Krankenhäuser Müller nicht helfen können (Strommangel bzw. keine Narkosemöglichkeit), muss der 39-jährige über eine 270 km lange Schotterpiste bis nach Shigatse transportiert werden. Die dort sofort eingeleitete Notoperation rettet ihm das Leben. Vier Tage später wird er mit einem medizinischen Rettungsflugzeug nach Hongkong ausgeflogen.
Das buddhistisches Kloster Rhongbuk am Fuße des Mount Everest wurde einst von Maos Schergen während der Kulturrevolution zerstört. Bei unserem Besuch im Jahre 2001 erstrahlte es fast schon wieder im alten Glanz.